Unechtes

Nicht selten erreichen unsere Geschäftsstelle Anfragen, die sich auf Gedichte Drostes beziehen. Darunter sind bisweilen auch zweifelnde Nachfragen, ob dieses oder jenes im Internet gefundene Gedicht denn tatsächlich von ihr (oder auch nicht von ihr) verfasst worden sei. Und tatsächlich tauchen gerade im Internet leider immer wieder Gedichte auf, als deren Autorin Annette von Droste genannt wird, die jedoch nicht von ihr verfasst worden sind. Da es uns leider nur in Einzelfällen möglich ist, die Betreiber der entsprechenden Seiten auf solche Fehler hinzuweisen und das im Internet gängige Prinzip des Copy & Paste diese Fehler potenziert, möchten wir Ihnen hier die häufigsten „unechten“ Gedichte präsentieren – damit nicht auch Sie einer solchen „literary legend“ auf den Leim gehen.

  • Literary Legend 1

    Der Frühling ist die schönste Zeit!

    Der Frühling ist die schönste Zeit
    Was kann wohl schöner sein?
    Da grünt und blüht es weit und breit
    Im goldnen Sonnenschein.

    Am Berghang schmilzt der letzte Schnee,
    Das Bächlein rauscht zu Tal,
    Es grünt die Saat, es blinkt der See
    Im Frühlingssonnenstrahl.

    Die Lerchen singen überall,
    Die Amsel schlägt im Wald!
    Nun kommt die liebe Nachtigall
    Und auch der Kuckuck bald.

    Nun jauchzet alles weit und breit,
    Da stimmen froh wir ein:
    Der Frühling ist die schönste Zeit!
    Was kann wohl schöner sein?

Das Gedicht kursiert im World Wide Web ausschließlich als Droste’sches. Der wirkliche Verfasser ist der Redaktion nicht bekannt.

 

  • Literary Legend 2

    Der Tod bedeutet gar nichts
    Ich bin nur nach nebenan entschwunden.
    Ich bin ich und du bist du.
    Und was wir für einander waren, das sind wir noch immer.
    Nenne mich bei meinem vertrauten Namen.
    Sprich über mich in der leichten Weise, wie Du es immer getan hast.
    Ändere nicht deinen Tonfall.
    Trage keinen Ernst und Trauer in dir.
    Lache wie wir immer gelacht haben über die kleinen Scherze,
    die wir gemeinsam genossen haben.
    Spiele, lächle, denke an mich, bete für mich.
    Lass meinem Namen immer das vertraute Wort sein, das er immer war.
    Sprich ihn unbekümmert aus, ohne die Spur eines Schattens auf ihm.
    Leben bedeutet all das, was es immer bedeutet hat.
    Es ist dasselbe, das es immer war.
    Da ist absolute und ungebrochene Kontinuität.
    Was ist der Tod anderes als ein unbedeutender Zwischenfall?
    Warum sollte ich denn aus dem Sinn sein, nur weil du mich nicht mehr sehen kannst?
    Ich warte einstweilen auf dich, irgendwo ganz nah, gleich um die Ecke.
    Alles ist gut.

Im Original ist das Gedicht in Englisch verfasst. Weil die Übersetzungen voneinander abweichen, existieren unterschiedliche Varianten im Internet. Tatsächlich stammt der Text nicht von Droste, sondern von Henry Scott Holland (1847-1918), einem Professor und Domherren aus Oxford.

 

  • Zweifelhaft

    <Geliebte, wenn mein Geist geschieden>

    Geliebte, wenn mein Geist geschieden
    So weint mir keine Thräne nach,
    Denn, wo ich weile, dort ist Frieden,
    Dort leuchtet mir ein ew’ger Tag.

    Wo aller Erdengram verschwunden,
    Soll Euer Bild mir nicht vergehn,
    Und Linderung für Eure Wunden,
    Für Euren Schmerz will ich erflehn.

    Weht nächtlich seine Seraphsflügel
    Der Friede über’s Weltenreich,
    So denkt nicht mehr an meinen Hügel,
    Denn von den Sternen grüß ich Euch!

Wahrscheinlich ist dieses Gedicht, für das sich weder ein Manuskript noch eine Reinschrift Drostes finden lassen, von Drostes Nichte Elisabeth von Droste-Hülshoff verfasst worden.

 

  • Droste’sche Adaption

    Pisang mit den breiten Blättern,
    China-Rose, blutig roth,
    Winden, die um Palmen klettern,
    Kaktus, der mit Pfeilen droht;
    Könnt ihr euch um mich vereinen,
    Dann bin ich in Indiens Hainen!
    Hat ein Zauber mich gebannt
    In des Morgens Fabelland? –
    Doch nicht lang soll Täuschung währen,
    Regen läßt auf Glas sich hören,
    Scharfer Wind fällt schneidend ein:
    Ein Gewächshaus war mein Hain,
    Und mein Indien liegt in Rüschhaus.

Das Gedicht stammt ursprünglich von Franz Grillparzer. Droste veränderte das „Mähren“ der letzten Gedichtzeile in „Rüschhaus“. Aufmerksam gemacht auf die fälschliche Zuschreibung des Gedichtes zu Droste hat Winfried Woesler: Mein Indien liegt nicht in Rüschhaus. Die Droste und Grillparzer. In: Literatur in Westfalen. Beiträge zur Forschung 3 (1995), S. 289-291.

 

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